Hochbegabte Kinder – besonders jene mit kreativem oder assoziativem Denkstil – zeigen häufig ein stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Selbstbestimmung. Was dabei jedoch oft übersehen wird: Nicht jedes kontrollierende Verhalten ist Ausdruck gesunder Autonomie. Manche Kinder entwickeln sogenanntes selbstbestimmtes Verhalten – eine Reaktion auf emotionale Unsicherheit oder Überforderung.
Um das Verhalten solcher Kinder besser zu verstehen und feinfühlig zu begleiten, lohnt sich ein genauer Blick auf die Unterschiede.
Autonomie – die gesunde Selbststeuerung
Autonomie bezeichnet die Fähigkeit und das Bedürfnis eines Kindes, eigene Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und die Kontrolle über das eigene Leben schrittweise selbst zu gestalten. Autonomes Verhalten entsteht aus Vertrauen, innerer Sicherheit und der Erfahrung, dass man gehört und ernst genommen wird.
Typische Merkmale von Autonomie:
- das Bedürfnis, selbst zu denken und zu handeln
- Offenheit für Konsequenzen
- Bereitschaft zur Zusammenarbeit
- Eigeninitiative bei Projekten
- kreatives Ausprobieren mit Orientierung am Ziel
Kreativ hochbegabte Kinder benötigen diese Form der Selbststeuerung besonders. Ihr Gehirn arbeitet schnell, vernetzt, originell – klassische Anleitungen oder kleinschrittige Vorgaben bremsen sie oft eher aus, als dass sie sie unterstützen.
Selbstbestimmtes Verhalten – wenn Kontrolle zur Strategie wird
Selbstbestimmtes Verhalten sieht auf den ersten Blick ähnlich aus wie Autonomie – doch die dahinterliegenden Motive unterscheiden sich grundlegend. Dieses Verhalten entsteht häufig aus Frust, innerer Unsicherheit oder emotionalem Rückzug.
Typische Anzeichen:
- starker Widerstand gegen Regeln
- Rückzug oder Verweigerung von Aufgaben
- das Bedürfnis, alles selbst zu bestimmen
- Wut oder Gereiztheit bei Einmischung
- mangelnde Rücksichtnahme auf andere
Das Kind versucht, durch Kontrolle äußere Unsicherheit zu kompensieren. Der Wunsch nach Vorhersehbarkeit führt dazu, dass jede Form von Fremdsteuerung – sei sie noch so wohlwollend – als Bedrohung empfunden wird.
Der direkte Vergleich – Autonomie vs. selbstbestimmtes Verhalten
Aspekt | Autonomie | Selbstbestimmtes Verhalten |
Motivation | Wunsch nach Entwicklung & Freiheit | Wunsch nach Kontrolle aus Unsicherheit |
Emotionaler Ursprung | Sicherheit & Vertrauen | Frust, Ohnmacht, Unverständnis |
Effekt auf Umfeld | verbindend, kooperationsbereit | trennend, konflikthaft |
Reaktion auf Begleitung | offen für Austausch & Führung | ablehnend, kontrollierend |
Warum zeigen hochbegabte Kinder selbstbestimmtes Verhalten?
Hochbegabung ist nicht nur ein kognitives, sondern auch ein emotionales Phänomen. Gerade kreative oder bilddenkende Kinder haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Sinn, Freiheit und Resonanz. Fehlt ihnen dieses Gefühl, greifen sie auf Selbstschutzstrategien zurück – oft in Form von übersteigerter Kontrolle.
Häufige Auslöser:
- Unterforderung: zu einfache, monotone Aufgaben
- fehlender Sinn: Aufgaben ohne Relevanz oder Bezug
- emotionale Unsicherheit: Gefühl, nicht verstanden zu werden
- zu viel Kontrolle: starre Regeln, ständiges Korrigieren
- fehlende kreative Freiheit: Blockade ihrer Denkwege
Je weniger ein Kind sich gesehen fühlt, desto stärker wird das Bedürfnis, seine Umwelt „planbar“ zu machen – und genau das ist die Grundlage selbstbestimmten Verhaltens.
Der emotionale Appell: Kinder mit Kontrollbedürfnis wollen Sicherheit
Ein Kind, das sich der Welt entzieht, das alles selbst regeln will oder sich verweigert, ist nicht „stur“ – sondern oft emotional überlastet. Was es braucht, ist kein strengerer Rahmen, sondern:
- Verstehen, nicht Bewerten
- Begleiten statt Beherrschen
- Raum für Eigenes – mit sicherem Rückhalt
Was Eltern & Fachkräfte konkret tun können
1. Beobachten ohne sofort zu steuern
Gib Raum, bevor du steuerst. Beobachte: Was löst Widerstand aus? Wann öffnet sich das Kind?
2. Autonomie stärken durch Wahlmöglichkeiten
Biete Entscheidungsoptionen statt starre Vorgaben. Lass das Kind wählen, wann oder wie es eine Aufgabe angeht.
3. Klare, liebevolle Grenzen setzen
Autonomie braucht nicht Beliebigkeit, sondern Halt. Kommuniziere Regeln klar – und erkläre sie.
4. Kreative Zugänge ermöglichen
Nutze Bilder, Geschichten, offene Aufgaben. Gib kreative Hochbegabung Raum.
5. Emotional spiegeln
Sag, was du wahrnimmst: „Ich sehe, dass dir das gerade zu viel ist.“
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Fazit
Selbstbestimmung ist kein Problem, sondern ein Ruf nach Verbindung.
Hochbegabte Kinder brauchen Raum für Autonomie, aber auch liebevolle Spiegelung.
Wer erkennt, was hinter dem Verhalten steht, kann begleiten statt kontrollieren – und damit Entwicklung ermöglichen.
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Hinweis
Hochbegabung hat, wie mein Motto sagt, viele Gesichter.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass nicht jeder Hochbegabte all diese Facetten zeigt. Hochbegabung bedeutet nicht, dass alle Hochbegabten die gleichen Herausforderungen, Eigenschaften oder Stärken haben. Vielmehr gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten, wie sich Hochbegabung äußern kann – aber auch Bereiche, in denen sie nicht in Erscheinung tritt.
Die beschriebenen Erfahrungen und Eigenschaften sind Optionen, keine universellen Merkmale. Genauso wie nicht jeder Hochbegabte tief reflektiert, mit existenziellen Fragen ringt oder sich schwer abgrenzen kann, gibt es andere, bei denen diese Aspekte ausgeprägt sind. Hochbegabung ist individuell und einzigartig – und genau das macht sie so vielschichtig und spannend.